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Êóïðèÿíîâ Âÿ÷åñëàâ
WJATSCHESLAW KUPRIJANOW

uebersetzt aus dem russischen
von Peter Steger

õõõ

Was er wohl bedeuten mag?
Ein seltsamer traum,
schusse (schauen die nachbarn
noch immer fern?),
langschwanzige viecher auf motorradern
kinotauren genannt
uberfahren zufallige passanten,
uberall portraits unwirscher fuhrer,
immer weniger und weniger bekannte,
gefangener des wetters – regen,
tag, als gefiederte funkwelle
uber der erde segelnd,
der mond, an den rowdies
mit einem scheit klopfen (schusse?),
ein vogel, dessen nest unter der decke
einer zerspringenden geige liegt, der buchstabe Y,
der aus seiner steinschleuder
wollustig das ubrige
alphabet erschiet,
das sich noch versucht
zu verbergen in roten buchern,
doch die bucher werden gnadenlos
geoffnet
und bleichen aus, ein
seltsamer traum
was er wohl bedeuten mag?

Ubersetzung: Peter Steger

EREIGNISSE


unter anderem
neben allem ubrigen
kommen ereignisse vor
die nicht auf den fernsehschirm passen
von denen der ather sich entflammt
von denen die spalten der zeitungen in sich auseinanderfallen
die nicht vorgesehen sind von den gesetzen
der weltumspannenden gravitation
der kontinuitat des bestandteils
der grammatik
des ausgeschlossenen dritten
der Einheit und dem kampf der gegensatze
von Gottes Gesetz
es kommen
entscheidende ereignisse vor

versucht
sie nicht zu verpassen

Ubersetzung: Peter Steger 28.07.03




***

Habt Mitleid mit dem Schnee bei Mond zur Mitternacht
und deckt ihn zu mit eurem Schatten,
damit er nicht erblinde.

Habt Mitleid mit der Stille in der Einsamkeit
und lat sie horen
das Knirschen eures Schritts.

Habt nur kein Mitleid mit der Sonne, die in euch,
sie warmt euch auf dem Weg, wenn ihr sie nicht verget,
solang sie sich nicht hingibt
jener andren Halfte unsrer Erde.

So geht denn hin
zu dem,
der euch erwartet.

Ubersetzung: Peter Steger









ERINNERUNG

Sieben Stadte stritten um das Recht,
als Homers Heimat gelten zu durfen,
wo er doch auf einen zufalligen Fuhrer angewiesen
und selbst Heimat war
der Ilias und Odyssee.

Ovid wurde aus Rom nicht
nach Kleinskythien verbannt,
sondern in die unermelich Gegenwart,
und wenn er von Monat zu Monat bei uns ist,
liegt der Grund in der „Kunst des Liebens“
und nicht im Zorn des Augustus Octavianus.

Die Zeit macht den groer,
der sein Wort gesagt hat.
Seine Stimme
erklingt in jeder wahrhaftigen Rede.
Er fischt die Kopfe
und setzt sie im Meer des Lebens aus
mit Seelenfutter.
Das Netz seiner Erinnerung
ist stark wie der Sternenhimmel.

Auf den Karten der Welt
loscht die Zeit die Grenzen
heiliger Imperien.
Zeitlos
sind die Zuge von Holle und Paradies,
wie sie auf Erden erblickte
der alte Dante.

Ubersetzung: Peter Steger

***

Selig die Zeiten Homers,
der sich Blindheit
erlauben konnte:
Ein unbestechlicher Fuhrer
fuhrte ihn nicht in die Wuste,
um dort Rasten einzulegen,
wo sie ein Lied horen wollten.
Doch heute, –
Dichter,
sei auf der Hut!

Selig die Zeiten Beethovens,
der die eigene Taubheit
ertragen konnte:
Im Dickicht seines Kopfes
sangen Vogel vom Gluck
der Volker. Doch heute
ist das Knacken der Knochen zu horen:
Millionen
umschlingen sich
und sind bereit einander zu erwurgen

Selig jene Zeiten,
wo der Dichter auf die Nachwelt baute.
Doch heute nur auf das,
was du gerade noch rechtzeitig zu vollenden geschafft,
damit einmal jemand
fur etwas
selig spreche
deine Zeiten

Ubersetzung: Peter Steger


WUNDER – 2


immer weniger wunder gibt es zu unseren lebzeiten
doch damit sollte man sich nicht abfinden
denn selbst wenn uns personlich kein wunder erschienen ist
heit das noch lange nicht, da es nicht geschehen ware

wir wissen da das sichtbare all aus insektengetier besteht
und der weg der erkenntnis uns die entdeckung
von immer mehr unsichtbarem insektengetier verheit
das spurbar auf unsere geschicke einwirkt

immer mehr insektengetier gerat in unseren interessenkreis
der kreis wachst und lat fur wunder immer weniger raum
aber das stimmt nur fur das innere unseres interessenkreises
auerhalb von ihm nimmt die zahl der wunder eher zu

aber das all unseres insektengetiers wacht
uber unsere praktischen lebensinteressen
und die kleinen wunder tun sich immer schwerer
durch die schicht sich straubenden insektengetiers zu dringen

und das paradox eines wirklich groen wunders
besteht darin da der wachsende kreis der interessen
noch immer viel zu armselig ist, um das wunder aufzunehmen,
ohne dabei unsere lebensinteressen zu storen

Ubersetzung: Peter Steger


FAKTUR DER REDE

jeder neue sprecher einer sprache
kann neben allen aufklarerischen wohltaten
auch die schmahung des menschen
durch den menschen vergroern

so wird ein wilder von einem andern wilden
beschimpft sich nicht lange beim bosen wort aufhalten
um es nicht legende werden zu lassen
und die beleidigung wird in der luft hangen bleiben
bis sie mit einem neuen atemzug ausgehaucht wird

doch bereits ein herabwurdigender brief
eignet sich zu einer langanhaltenden erschutterung
solange nicht leidtragender und leidverursacher
nochmals herabgewurdigt werden durch den verdacht
er habe vielleicht die untergeschobenen Briefe gefalscht
um mitleid mit sich selbst zu wecken

eine herabwurdigung wie sie im buch steht ist dann freilich
 fur immer
wenn es nicht gelingt, ihr mit einem eigenen buch zu entgegnen
denn alle haben es so eilig ihre memoiren zu veroffentlichen
um fremden verleumdungen zuvorzukommen

und da gebiert der aufstand der massen endlich
einen behinderten falter der selig vom
zeitungslaub zum blassen licht des bildschirms fliegt
ihn belasten keine schmahungen seiner artgenossen mehr
noch der gerechte zorn des ihm lauschenden volks
denn er ist voll und ganz und fur alle zu sehen und zu horen

lebendig bleibt er der gleiche wie tot
und bringt die ubrigen ungehemmt vom bildschirm aus in verruf
denn wer gibt schon einem gerat eine ohrfeige
und man kann ja auch nicht den abschalten,
der fur jeden und allen zum Leidwesen eingeschaltet wurde

Ubersetzung: Peter Steger 28.07.03


EROBERER

fragt die leeren rustungen
nach der geisteskraft
langst vermoderten staubs

das Schnauben der pferde die unter einem grimmigen reiter
ein fremdes kornfeld zertrampeln
konnt ihr auf der langspielplatte der wusten horen

unmoglich in ein zerstortes gotteshaus zu gehen
und unmoglich aus einem zerstorten gotteshaus herauszugehen
doch wohin man dann auch seinen fu setzen wollte
uberall entweihte heiligtumer

der historiker riskiert sein leben
beim versuch das bild des barbaren wiederzuerschaffen
„wie kamst du dazu das zu tun?“
„einfach so“
schlagt die hufgewordene Zunge nach der dunkelheit aus

Ubersetzung: Peter Steger 28.07.03


WJATSCHESLAW KUPRIJANOW

DIE KUNST DES SCHIESSENS

perfektioniere die kunst des schieens
versuche moglichst exakt
keinen menschen zu treffen
weder einen mann denn der er geht zu einer frau
noch eine frau denn sie geht zu einem kind
noch ein kind denn es wei noch nicht wohin
noch einen alten denn er will uberhaupt nicht
seinem tod begegnen

sorgfaltig perfektioniere
die dunst des bombenabwurfs
es ist so schwierig
keine Stadt zu treffen oder kein dorf zu streifen
nicht noch einen weiteren ungemeinen ausdruck
von der erdoberflache zu tilgen
perfektioniere diese kunst
um des fremden und des eigenen lebens willen

denn kugeln und bomben treffen dich selbst nicht
und dir gelingt es noch ihnen auszuweichen
nur weil
dein perfekter Gegner
dir nicht unterlegen sein will
in dieser erstaunlichen Kunst

Ubersetzung: Peter Steger


ANKOMMLINGE


Die welt ist voller ankommlinge
von fremden planeten
sie treten uns auf die fersen
und stehen auf der linken seite
wenn wir links gehen wollen
„Was seid denn ihr“ wir zu ihnen
„Nichts weiter“ sie zu uns
wir zu ihnen ob sie von einem fremden Planeten gekommen
sie zu uns: „Naturlich ihr strebt ja immer
zu fremden Planeten
doch dort bei uns
wird man euch auf die Fersen treten
und euch blo den Weg verstellen
wo ihr zu gehen versucht.
Wir zu ihnen: Lat uns bitte vorbei.
Sie zu uns: Und, habt ihr gegrut?
Wir zu ihnen: Jetzt reicht’s aber!
Sie zu uns: Das fehlte gerade noch!
Wir zu ihnen: Wir werden Mittel ergreifen!
Sie zu uns: Ha-ha!
Hi-hi fangen wir an
Frieden zu schlieen
mit den Ankommlingen
„Was seid denn ihr?“ sie zu uns
Wir ihnen: Wir?
Nichts weiter!(Keine Ursache!)

Ubersetzung: Peter Steger, 10.08.03

***

wenn du nach vorne blickst
mit deinen sundigen augen

siehst du

wie tropfenweise
sich zusammentropfelt
ein ozean zu einer weltsintflut
in der hoffnung,
sich nicht na zu machen

wie sie schlagen
funken um funken
fur den weltbrand
in der hoffnung
sich die finger nicht zu verbrennen

insgeheim zimmern sie eine arche
bauen einen bunker
versprechen ungeniert
luftschlosser

wenn du dich beeilst, zu dir zu kommen
zuruckblicken

mit geschlossenen augen zu sehen
den lebensbehalter den wald
das spiel der nixen und fische
in noch klaren flussen

unter dem goldenen schnitt der sonne
gebiert das ozeanmeer
die liebesgottin aus schaum

und schon geht jemand trockenen Fues
uber die befriedeten Wogen

die Kinderstimmen aus dem kindergarten
uber den grabern von vorfahren larmen garten
die stille in den garten der akademie

noch verbirgt
der baum der erkenntnis von gut und bose
den paradiesgarten

so gehst du
zuruck in die zukunft



MEINE AUSLANDER-FREUNDE


Meine freunde die armenischen
erzahlten vom heimtuckischen ataturk
wie er den russischen lenin betrog
und ganz armenien dazu

Meine freunde die aserbaidschanischen
erzahlten vom genialen ataturk
wie er seiner turkei
neues leben einhauchte

Meine freunde die georgischen
erzahlten nichts von ataturk
sondern nur vom genialen stalin
wie er rechtzeitig
den russischen lenin abloste


Meine freunde die russischen
erzahlten mir lenin
sei gar kein russe
und stalin alles andere als georgier

Meine freunde die aserbaidschanischen
trugen mir auf turkisch
die gedichte des genialen nasum hikmet
uber den steinernen bronzenen gipsernen
papierenen stalin vor
der mit seinen Stiefeln
uns alle niedergetreten habe

Meine freunde die deutschen
erzahlten mir mit sachverstand
meine freunde die russischen
hatten zeitlebens meine freunde die georgischen
armenischen aserbaidschanischen tschetschenischen
judischen litauischen lettischen estnischen
und eine weitere unzahl von volkern
mit ihren historischen stiefeln niedergetreten

Stiefel sind in ruland
letztens kaum mehr zu kriegen
besonderer nachfrage
erfreuen sich deutsche stiefel


DER EINGESPARTE MENSCH

Mir traumte plotzlich einmal,
ich sei
ein e i n g e s p a r t e r
Mensch.

„Nehmt mich auf, ihr Menschen, -
Noch bin ich der einzige
eingesparte Mensch!“

„Was soll’s“, antworten die Menschen,
„wir reichen eh nicht
aus fur dich,
wir sind schon genug fur dich
verausgabt worden.“

Ich schlage die eingesparten Armen uber dem Kopf zusammen,
senke den eingesparten Kopf.

„La dich nicht hangen“! rufen mir
andere eingesparte Menschen zu,
„wir konnen dich noch brauchen!“

Man klopft mir
auf die eingesparte Schulter.
Ich erwache.

Zeit,
sich weiter zu verausgaben.


***

sieh aus dem fenster in den herbst
auf den hinreienden wettbewerb
des kupfernen goldenen immergruns
sieh auf das zogerliche
scheiden des sommers
aus deinem
aus einem fremden fenster
aus dem fenster eines gefangnisses
eines krankenhauses
eines irrenhauses


DIE SUCHE WIRD FORTGESETZT

mitgefuhl ist vonnoten wir konstruieren
einen stromkreis der nach einigen
schwankungen zwei drei freundliche worte
von sich geben kann schlieen einen Halbleiter an
der nur fur den stromdurchlauf und drehen eine lampe
ein diesen verstarker lichten gefuhls
noch eine lampe als gleichrichter plotzlicher
unterbrechung einen kondensator fur tranen
einen transformator fur unklare erregung
einem indikator fur heuchelei ein herzstuck
aus sehr reinem material einen zeiger
zur einstellung der herzlichkeit wir entfernen
einen unnotigen widerstand nur
positive kontakte und nochmals
kontakte und der stromkreis ist geschlossen bleibt noch
sie mit einer hulle abzudecken und die maschine ist fertig
wir fuhren das experiment durch eine lebende seele
voll sehnsucht nach den umarmungen eines engels hastet
uber die erde und verfangt sich plotzlich
in einem stacheldraht die lochkarte liegt bereit
wir stecken sie in die maschine und horen
ein gleichmaiges mitfuhlendes muhen
erfolg auf der ganzen linie jetzt mu nur noch
das design der hulle durchdacht und eine sicherung
am eingang eingebaut werden und ein zahler
am ausgang da mitgefuhl vonnoten ist


HIMMLISCHE UBELKEIT

So lebten sie also nicht vom Brot allein
Und loffelten loffelweise den Himmel in sich hinein
Ausgemalt mit Deckenfresken
Geschmuckt mit Heroen
Bevolkert mit Vampiren
In feierlichem Aufzug
Ein Himmel liniiert fur Spruche
Ein Himmel fur Werbung
Ein Himmel gekastelt
Der hochfahrende Himmel der Oberflachlichen
Bringt die Gedarme in Wallung
Speiubel
Wird’s einem vom Himmel
Happchenweise spucken
Filmstars
Den Inhalt fliegender Untertassen aus
Verzehrtes Licht

Das Innenfutter des Alls
Zehrt die zarte Erde auf


HUMANITARE HILFE


aus richtung der aufgehenden sonne
bewegt sich eine gruppe zivilisierter samurais
entlang der transsib und unterweist
an den haltestellen alle interessierten
in der hohen kunst des harakiri

eine gruppe alter griechen wurde mit einer ladung
giftigen schierlings festgenommen
dann aber wieder aus mangel an beweisen freigelassen
zumal der schierling vorgesehen war
zur einspeisung der antiken demokratie
in die kopfe ehemaliger dialektischer materialisten

abkommlinge der inseln des fernen ozeaniens
predigen im adamskostum auf dem arbat
der hauptfehler der sowjetmacht liege darn
da er nicht primitiv genug gewesen sei

irgendwelche warager offerieren ihre dienste
als oberhaupter eines russischen staatswesens
doch kiew wies ihre schmeichelhaften vorschlage
mit dem hinweis ab, hauptstadt eines anderen staates zu sein

mit sachverstand stellen die hunnen
ihre rezepte fur eine friedliche beilegung der geschichte aus
und decken die verhandlungstische

in erwartung eines guten wortes vom herrentisch
hullt sich das staatsvolk weiterhin in schweigen


***

leben gibt es auch auf anderen planeten
und diese wesen konnten durchaus zu uns geflogen kommen
sie werden nur nicht hereingelassen
von den zollnern und grenzern
im Einsatz an den grenzen
unseres sonnensystems

moglich auch da sie nicht herausgelassen werden
von ihren zollnern und grenzern
damit sie keine geheimen inneren angelegenheiten
nach drauen tragen
und damit sie nicht bei uns bleiben
nicht weil es bei uns besser ware
sondern weil wir sie nicht mehr fortlassen konnten

doch vor allem werden sie nicht hereingelassen
von unseren zollnern und grenzern
wobei gar nicht so wichtig ist
warum man sie nicht hereinlat
wichtig und von Bedeutung ist
da sogar an der auengrenze des sonnensystems
sogar dort
die unsren sind


***

zaubervogel
spielen mit dem regen

wie Prinzessinnen auf der erbse
wenden sie sich auf fliegenden tropfen

andere versuchen sich wie auf eine leitung
zu setzen
auf die schrage linie des regens

es gibt auch welche
die halsbrecherisch
in die offnungen der blitze flitzen
und durchdringen
bis jenseits des himmlischen firmaments

sie sind die gelehrigsten
regen erinnert sie
an einen kafig

***

Wenn es keinen einzigen
Artikulierten Laut gabe
Wie konnte dann die Erde
Jedem Grashalm Gehor schenken
Und die Stille anflehen
Um die menschliche Stimme

Wenn es keinen einzigen
Klaren Blick gabe
Wie konnten dann die Flusse
Ihr Augenmerk den Meeren Seen schenken
Und Ausschau halten nach den Zugen
Des menschlichen Antlitzes

Wenn es keinen einzigen
Gedankenschimmer gabe
Wie konnte dann die Erde sich hineindenken
Mit jedem Stein
In die Wesensidee
Des menschlichen Sein

***

Erst wenn dich alle verlieren,
und niemand mehr nach dir sucht,
findest du dich
und findest du eine Antwort fur jene, die fragen,
wo es dich hinverschlagen habe,
versichert der der Fruhlingswind.

Du wirst sagen, du seiest vom goldenen Laub verschuttet,
du wirst sagen, dich hatten die Zugvogel mitgerissen,
ein silberner Fisch habe dich entfuhrt.

Sag nicht, du seiest vom Weg abgekommen,
du seiest uber einen Stein im Gebirge gestolpert
und lange unter der Schneedecke gelegen, wartend darauf,
wann unter ihr die Knochen wieder zusammenwuchsen.

Sag, du seiest vom ersten Gras zuruckgekehrt,
sag, die Vogel hatten dich auf die Erde fallen lassen,
das Schmelzwasser habe dich ans Ufer gespult.

Sag nicht, wenn du zuruckkehrst,
da der Wind dich uberreden wollte,
nicht wiederzukommen.



UNTERRICHT DER STERNE

Die sterne am himmel
wechseln
von der spektralklasse
in die schulklasse

ist schlielich ein bichen wenig: nur
sichtbarkeit
sichtbarkeit
sichtbarkeit

man sollte auch noch warmen
uber anziehungskraft verfugen
ist schlielich ein bichen wenig: nur
sternengroe

man sollte das licht auch
durch nebel und wolken schicken konnen

nicht nur stehen und erkalten
sondern aufgehen und leuchten

nicht nur sich drehen
sondern eine atmosphare ausbilden
die leben ermoglicht

Gesegnet seien
jene lichtjahre
wenn die sterne
lernen
zu werden
zur Sonne



***

Habt Mitleid mit dem Schnee bei Mond zur Mitternacht
und deckt ihn zu mit eurem Schatten,
damit er nicht erblinde.

Habt Mitleid mit der Stille in der Einsamkeit
und lat sie horen
das Knirschen eures Schritts.

Habt nur kein Mitleid mit der Sonne, die in euch,
sie warmt euch auf dem Weg, wenn ihr sie nicht verget,
solang sie sich nicht hingibt
jener andren Halfte unsrer Erde.

So geht denn hin
zu dem,
der euch erwartet.



HYPOTHESE DES RUSSISCHEN FELDS

Die allgemeine Theorie des russischen Feldes
Postuliert da wir alle zusammen
Auf freiem Feld Staubteilchen sind
Und zugleich Meereswellen

Wir sind Unbekannte der ersten Ordnung
Wollen immer die altbekannte Ordnung herstellen
In unseren sorgenerfullten Seelen
In der gemeinsamen Bewegung unserer Korper

Doch die Unbekannten der zweiten Ordnung
Schicken uns entsprechend dem Prinzip der Unbestimmtheit
Unsichtbare Wellen entgegen
Und vergroern unser sichtbares Chaos

Der Theorie des russischen Feldes sind hinzuzufugen
Die allgemeine Theorie des russischen Waldes
Die allgemeine Theorie des russischen Meeres
Die private Theorie des russischen Himmels

Es ist der russische Anteil zu vergroern
Am Wirken der Erdanziehungskrafte
Und alle russischen Gedanken sind in Ubereinstimmung
Zu bringen mit der Konstante der Lichtgeschwindigkeit

Auf da sich nicht das russische Feld verwandle
In ein mit russischen Knochen ubersates Feld
In ein Feld der russischen Idee und der russischen Natur
In ein Feld des Kampfes gegen den Weltverstand



CODA

Heldensymphonie eines fruhjahrsgewitters
tiefe tone in den hohen
jedem durstenden blatt ist sein
himmelstropfen zuzuteilen
wachse spiele im wind
erkalte nicht
mai
singe bluhe
juni
der himmelshopfen ist gut geraten
singe feiere
im september
vergeht das schwindelgefuhl
und du kannst dich mit dem laub
zu fuen der in sich gekehrten baume niederlegen


KOSMISCHE PERSPEKTIVE

Hoch vom kosmos aus
sehe ich meine ganze erde
wo kinder spielenunter der aufsicht von erwachsenen
wo erwachsene spielen
ohne aufsicht

und schon ist zu horen
wovon die ozeane
den mund zu voll nehmen

und schon ist zu sehen
warum die wusten
sand in die augen streuen

und schon ist klar
da alles fliet
viel schneller
als es sich verandert

und noch ist sie grun
die ganze erde


***

Zum Taucher sprachen
Die Steine:

Ein Fels
Zerquetschte
Uns

Wir hatten es
Nicht leicht

Wie unbeschwert
Hingegen jetzt:

Nur noch Schaum
Uber uns


ZEIT

Von mir wird die ganze zeit behauptet
Es gebe mich nicht
und ich ginge
immer
so
aufgezogen

Ich warte nicht auf die
die mich nicht finden
ich fliehe die
die mich verbringen wollen
einfach so
so
aufgezogen

Ich bleibe bei denen
die mir das Gefuhl geben
ich selbst zu sein
bei denen
in deren verliebten Herzen
es auch einen Zeiger fur mich gibt

Meine Unaufhaltsamkeit
in meiner Zuganglichkeit
ist so
aufgezogen

DAS SONNENSYSTEM

Das Sonnensystem
sei ein kugellager
behauptete ein techniker
wir seien nur schmiermittel
zwischen erde und himmel

Schlupfrig seien wir
behauptete ein techniker
wollten wir auf dem unseren bestehen
ginge die sonne
niemals unter


DER MODERNE MENSCH – 1

Ein Erwachsener
ist ein Mittelding
zwischen Neugeborenem
und Vollendetem

Was er tut
Er tut so
als ob er Recht habe
gleich was er tut

Der moderne Mensch
ist ein Mittelding
zwischen Affe
und Zukunftsmensch

Was mit ihm tun
So tun
als liee sich da
nichts tun

Der moderne Mensch
ist ein Erwachsener
der ungern
in Extreme verfallt

denn ohnehin
decken sich die Extreme
und tun so
als erkennten sie einander nicht

Im Durchschnitt
haben sie recht

 
***

geh nicht zum wasser um liebe zu holen
dort spielen die nixen liebe
taucht eine auf siehst du ein madchen zum freuen schon
tauchst du selbst hinab findest du einen Fisch

geh auch nicht in den wald um liebe zu holen
dort locken die nymphen in ihre umarmung
doch ihre arme erstrecken sich in die wurzeln
und die wurzeln fuhren in die erde

tanze im fruhjahr keine reigen
man tanzt sie in bunter blute und mit blumen
man nimmt dich dabei mit einem lied an den handen
und lat dich dann nicht mehr los

fahr lieber in die stadt hinter der grenze
wo es weder wasser noch blumen noch wald gibt
dort sind die madchen unten herum auch ganz bestimmt madchen
und was sie oben sind ist nicht so wichtig



Erinnerung

Zertreten
das gras
uber das meine fue gingen
noch zu schwach es niederzudrucken

Umgesturzt die baume
auf die ich kletterte
der madchen wegen
die langst zu muttern
geworden

Mit ihren sohnen
mu ich
weiter
wachsen



HORT DEN SPECHT AN EURER SCHLAFE

Es ist gut, immer so jung zu sein
wie eine frau
und sein leben nicht einzuteilen
in kindheit, reife und alter,
sondern es zu teilen
mit der kindheit reife dem alter

Schiet nicht auf den falken am himmel
er tragt eure gedanken

Erschreckt nicht die nachtigall
in eurem herzen

Spielt mit den kindern
sprecht ernsthaft
mit den alten

Verjagt den feuervogel nicht
von eurer schulter

Lat den schwarmer frei
aus eurer faust
er hat seine wahrheit

Hort den specht
an eurer schlafe


Ubersetzung: Peter Steger