Мечты

Надия Медведовская
LESJA UKRAINKA

Traeume
 
In den lieben Kinderjahren,
Als die Seele so geduerstet
Nach dem Schoenen, Wunderbaren,
Liebte ich die Ritterzeiten.

Aber seltsam, nicht die Prinzen,
So geheimnisvoll und praechtig,
Nicht die holden Koenigstoechter
 Meinen Sinn bezaubert hatten.

Auf den Bildern sah ich immer
Nicht die frohen stolzen Sieger,
Die, den Gegner ueberwunden,
Zornig forderten: “Ergib dich!“

Sank jedoch mein Blick  nach unten
Zum Besiegten und Verschmaehten,
Der, gestreckt vom Feind zu Boden,
Bat ihn  nicht um seine Gnade.

Schien mir niemals majestaetisch
Jener starke stolze Ritter,
Der der Schoenen Ungehorsam
Mit Gewalt zu brechen hoffte.

Nur beruehrte Herz die kuehne
Antwort der gefang'nen Frau
„Deine Macht ist's, mich zu toeten,
Aber nicht zu leben zwingen!“

 Laengst vergangen ist mein Fruehling,
Meine lieben Kinderjahre,
Aber nimmer wird vergessen
Hoher Schwung  der Fruehlingsfluten.

In den langen dunklen Naechten,
Wenn der Schlaf zu mir nicht kommet,
Hoere oft ich deren  Rauschen
Mit dem Fieber fest  verflochten.

Haengt die Decke schraeg herunter,
Wie ein  gotisches Gewoelbe,
An  dem Fenster Blumenzweige
Gluehen  wie ein Eisengitter.

Durchgedrungen aus dem Fenster
Roetlich Licht im Zimmer schimmert, -
Ist es einfach Strassenleuchte
Oder Widerschein des Brandes?

Was da laermt unaufhoerlich?
Laestiges, verhasstes Schallen!
Braust mir im Blut das Fieber,
Oder tobt der Krieg da draussen?

Sind es  grausame Schmerzen,
Die das  Stoehnen mir entreissen ,
Oder stoehnt der Ritterhaeftling,
Ganz erschoepft von seinen Wunden:

„Wer noch lebt in dieser Burge?
Wem noch schlaegt das Herz  im Busen?
Auf den Turm, beschwoer dich, steige,
Schau an das Schlachtfeld unten!

Schau  diese Schlacht genau –
Wer gerade siegt im Felde?
Dort, wo Kaempferreihen prallen,
Flattert da  noch  unsre Fahne?

Wenn  nicht mehr – reiss ab die Binden!
Lass mein Blut da ueberfliessen,
Sei verflucht das Blut so faul,
Fuer die Ehre nicht vergossen!

... Nein, ich hoere unsern Kampfruf!
Immer lauter erklingt er...
Lasst verbinden mir die Wunden,
Dass umsonst ich nicht verblute!..“

 Spielten jemals Kindertraeume
Zwischen fiebrigen Gespenstern.
Jetzt verschwunden ist das Fieber,
Aber jene Traeume bleiben.

Und so oft erscheint mir wieder,
Als gefangen sei ich selber,
Unsichtbare Hand gefesselt
Habe mich im dunklen Raum.

Ungebrochen meine Waffen
Seien in der Hand geblieben,
Aber wegen schwerer Ketten
Koenne ich die Hand nicht ruehren.

Ringsherum ist dumpf und stille,
Tobt kein Fieber in den Adern,
Kein Geraeusch vom Feld der Schlachten 
Darf mit meinem Ohr ich hoeren.

Dass ich laut schreien wollte,
Wie der Kindertraeume Ritter:
„Wer noch lebt in dieser Oede?
Schau hinab vom hohen Turme!

Schau, sieht man noch im Felde
Unsre stolze Fahne wehen?
Wenn nicht mehr – ich will nicht leben,
Lasst  dann meine Adern oeffnen,

Mag mein Blut dann ueberfliessen,
An der Blutung will ich sterben – 
Sei verflucht das Blut so faul,
Nicht vergossen fuer die Ehre!..“

Jalta, 18/XI 1897