Liliputins in German -788

Юрий Слободенюк
Кarl Marx kann Karl May nicht mal das Wasser reichen ... "
Adolf Hitler


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Redensart/Redewendung

jemandem (nicht) das Wasser reichen koennen

Bedeutung

ebenbuertig und auf Augenhoehe sein (oder eben nicht) - genauso tuechtig/faehig/begabt wie ein anderer sein (oder eben nicht) - mit jemandes Faehigkeiten und Leistungen (nicht) mithalten koennen - genauso viel wie (viel weniger als) ein Anderer koennen/vermoegen - ein gleichwertiges (deutlich geringeres) Ansehen haben - im Rang auf derselben (einer viel niedrigeren) Stufe stehen

Herkunft

Im Mittelalter war es zwar mit der Hygiene noch nicht weit her, aber einige grundlegende Regeln gab es bei Tische doch, zumal in vornehmerer Gesellschaft. Besteck war im wesentlichen noch unbekannt, man ass mit den Fingern. Aber wenigstens - oder viel mehr deswegen - war es Brauch, sich vor und nach dem Essen die Haende zu waschen. Bei Adligen von Rang reichten dazu Tischdiener Schuesseln mit Wasser. Wer es aber in solcher Umgebung nicht wert war, den Herren das Wasser zu reichen, der taugte auch nicht zu hoeheren Aufgaben, war an sich wertlos, ein Taugenichts.

Der Brauch des Wasserreichens war aber schon in der Antike bekannt. Im Alten Testament (2. Buch der Koenige, 3,11) heisst es: "Ist kein Prophet des Herrn hie, dass wir den Herrn durch ihn ratfragten? Da antwortete einer unter den Knechten des Koenigs Israels und sprach: Hie ist Elisa, der Sohn Saphats, der Elia Wasser auf die Haende goss."

Beispiele

"Er kann mir nicht im entferntesten das Wasser reichen."
 "Die Frage ist doch: Wer will dir ueberhaupt Wasser reichen?"
 "Was das Faul sein betrifft, kann mir soweit niemand das Wasser reichen!"
 "Ich kann so faul sein, dass selbst Schildkroeten unruhig werden!"

"Aber ist eine im ganzen Land,
 Die meiner trauten Gretel gleicht,
 Die meiner Schwester das Wasser reicht?"
 (aus Goethes "Faust")

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Adolf Hitler und Karl May

Als Karl May am 22. M;rz 1912 im Wiener Sofiensaal seinen Vortrag "Empor ins Reich der Edelmenschen!" hielt, lebte Hitler als arbeitsloser Kunstmaler in Wien. Ein Besuch Hitlers bei Karl Mays Vortrag ist allerdings unbewiesen; wird aber von Biografen beider M;nner gelegentlich angenommen.

Hitlers Protokollf;hrer Dr. Henry Picker erw;hnt folgende Begebenheit aus Hitlers Jugend:
"Schon in der ersten Realschulklasse blieb Hitler 'sitzen', die anderen drei schaffte er zum Teil nur mit Wiederholungspr;fungen. Auch 32 Stockhiebe seines Vaters brachten keine Besserung; er rekapitulierte Karl May und brachte den Vater durch lautes Mitz;hlen der einzelnen Schl;ge aus dem Konzept."[1]
Hitlers Architekt und Freund, der R;stungsminister Albert Speer, beschreibt eine Fahrt zu den Linzer Panzerwerken. Da er noch einige Zeit hatte, zeigte Hitler Speer das Linz seiner Jugend.
"Er zeigte uns ein Hotel nahe der Donau, in dem Karl May, wie Hitler sich erinnerte, im Jahre 1901 fast zw;lf Monate lang gewohnt hatte."[2]
Zum Lesestoff Hitlers z;hlten nachweislich (auch) die in seinen Bibliotheken in der Berliner Reichskanzlei, auf dem Obersalzberg und in seiner M;nchener Privatwohnung[3] vorhandenen Werke Mays. Insbesondere f;r die Indianer- und Orientgeschichten gilt:
"Sein Leben lang griff Hitler immer wieder gerne zu Karl May, dessen Abenteuer, wie er selbst sagte, ihm in angespannten Situationen Trost spendeten."[4]
In den ersten Monaten nach seiner Ernennung zum Reichskanzler verfiel Hitler in eine Art M;;iggang und las alle 70 (?) B;nde, von denen er im Krieg sp;ter behauptete, dass sie ihm die Augen f;r die Welt ge;ffnet h;tten.[5]

1933 schrieb der Zeitungsreporter Robert Achenbach nach einem Besuch auf dem Obersalzberg:
"Auf einem B;cherbord stehen politische und staatswissenschaftliche Werke, einige Brosch;ren und B;cher ;ber die Pflege und Zucht des Sch;ferhundes, und dann - deutsche Jungens, h;rt her! Dann kommt eine ganze Reihe B;nde von - Karl May! Der Winnetou, Old Surehand, der Schut, alles liebe Bekannte."[6]
Bei der Ausarbeitung des Angriffs auf die holl;ndische Festung Eben Emael Ende Oktober 1939 schlug Hitler der Generalit;t vor, ein Abwehrbatallion in holl;ndischen Uniformen aufzustellen: "Uniform ist in Kriegszeiten immer die beste Tarnung." Allerdings sei es notwendig, dass die F;hrer des Sto;trupps in Sprache, Kleidung und im Benehmen von holl;ndischen Polizeioffizieren nicht zu unterscheiden sind. Er schimpfte ;ber die Unf;higkeit der Gener;le, solche Gedanken zu entwickeln: "Sie h;tten mehr Karl May lesen sollen!"[7]

Der Schriftsteller Klaus Mann schrieb (auch auf Grund dieses Zitates) im amerikanischen Exil unter dem Titel "Cowboy Mentor of the F;hrer":
"A whole generation grew brutish and run wild - partly through the evil influence of Karl May [...] The Third Reich is Karl Mays ultimate triumph, the ghastly realization of his dreams." (Eine ganze Generation wurde brutal und rastete aus - teilweise durch den b;sen Einfluss Karl Mays [...] Das Dritte Reich ist Karl Mays endg;ltiger Triumph, die entsetzliche Realisierung seiner Tr;ume.)[8]
Diese skurrile Fehleinsch;tzung wurde von anderen ins Exil gezwungenen Schriftstellern zurechtger;ckt. Carl Zuckmayers Tochter Winnetou (so genannt von ihrem Karl-May-begeisterten Vater) erhielt einen "offenen Brief" des ;sterreichischen Schriftstellers Roda Roda, einem Freund der Familie. Sie war n;mlich im Alter von zw;lf Jahren auf eine Ausb;rgerungsliste der Nazis gesetzt worden.
"Oder haben Sie [Winnetou Zuckmayer] "Mein Kampf" geschrieben? R;ubereien gestiftet und begangen? Dann freilich w;re die Acht und Aberacht verdient."[9]
1984 schrieb schlie;lich G;nter Scholdt: "Nicht der May-Einfluss auf Hitler, sondern der unzul;ngliche May-Einfluss ist somit das eigentlich Fatale!"[10]