Manche Leute haben ein scharfes Auge auf die Schwaechen anderer und eine Sehschwaeche fuer die eigenen.
Immer wieder einlenken und fuer die Schwaechen
des anderen Verstaendnis zeigen,
der ja nichts dafuer konnte,
dass er so geworden war.
Er hatte schliesslich eine schwierige Kindheit,
ein liebloses Leben, komplizierte Beziehungen,
viele Probleme auf der Arbeit,
niemand hat ihn jemals wirklich verstanden,
bisher.
Er hatte es doch verdient,
endlich jemanden zu treffen,
der nachsichtig ist
und keine Forderungen stellt.
Jemanden, der liebevoll mit ihm umgeht
und die Dinge nicht persoenlich nimmt,
der seinen Ausbraechen und seinen inneren Zusammenbraechen
mit Verstaendnis begegnet.
Also nahm sie sich zurueck
und gab so viel mehr als sie erhielt.
Sie verausgabte sich
und oeffnete sich ihm so sehr,
dass seine negative Energie in sie eindrang
und sie schwaechte.
Sie durchlebte ein Auf und Ab der Gefuehle,
fuehlte sich gefordert und missverstanden,
oft sogar ungeliebt und ohne Respekt behandelt.
Sie machte ihn dafuer verantwortlich
und sah nicht ihren eigenen Anteil an der Misere:
Jemand anderes kann immer nur
das mit uns tun, was wir zulassen.
Es liegt alleine an uns selbst,
den Schauplatz des Geschehens zu verlassen,
ein Kapitel unserer Lebensgeschichte zu beenden.
Niemand zwingt uns etwas zu erleben,
das unser Lebensglueck zerstoert.
Schliesslich erkannte sie, dass nicht sie es war,
die ihn aendern konnte und sollte,
sondern dass das ganz alleine seine Aufgabe waere.
Sie begriff, dass alles, was sie ihm zugestanden hatte,
in gleichem Masse auch fuer sie selbst Geltung hatte.
Und dass es ihre Aufgabe war,
gut fuer sich selbst zu sorgen.
Sie wuenschte ihm Glueck,
packte ihre Sachen und ging durch die Tuer hinaus,
hinein in ein neues, ihr eigenes Leben.