Эпизоды ландшафта 10

Ира Свенхаген
Episoden einer Landschaft – 10

Episode 10
Kohle, Kohle, Kohle  –  Dezember 1978

Die gesamten siebziger Jahre waren gekennzeichnet von einer alles umfassenden persoenlichen, politischen und landschaftlichen Schizophrenie.

Mit dem Schulbeginn wurde ich an das Regime der Unterrichtszeit gekettet. Gross Maedenburg war der Kerker in dem ich mich frei bewegen konnte, also ein komfortabler Kerker. Ausserdem gab es endlos lange Sommerferien, die ich in der Landschaft meiner Kindheit verbrachte.

Es waren die Jahre der deutsch-deutschen Stagnation oder Bewegungspolitik, je nachdem von welchem Standpunkt aus es betrachtet wurde. Aus dem Fernsehapparat und aus der Tageszeitung schauten alte deutsche Maenner. Sie schauten politisch korrekt und versprachen in zweierlei deutscher Sprache ein besseres Leben. Aber was sollte das sein? Und wo sollte das stattfinden? An Elben jedenfalls ging „das bessere Leben“ vorbei. Es wurde sogar dramatisch schlechter, als Mitte der siebziger Jahre ploetzlich die Wasserpumpen im Ort in der Sommerzeit komplett versagten. Bohrtrupps erschienen und Geruechte: sie wuerden Oel suchen, oder Gold, oder Uran oder ... Seltene Erden. Das war doch wohl ein Witz! Denn was sollte das sonst sein – Seltene Erden?

Tante Getrude hatte sich eine Fernsehkiste angeschafft und konnte im Dachgeschoss ungesehen die Empfangsantenne ganz nach belieben nach Ost oder West drehen. Die flache Landschaft und das technische Geschick meiner Tante liessen die Westprogramme und die Ostprogramme gleichermassen gut einflimmern. So wie ich in den Ferien jedes Programm sehen durfte, so musste ich ueber alles absolut schweigen, als haette ich nichts davon gesehen. Und besonders meinen Eltern in Gross Maedenburg kein Wort darueber sagen. Und in der Schule sowieso nicht, aber auch das hatten mir Barbara und Michael schon beigebracht- Also ich wussten nichts von der Oelkrise und wusste nichts von Plateauschuhen und wusste nichts von ... also insgesamt nichts von dem was im Westen Deutschlands wichtig war, aber auch nicht viel mehr ueber den Osten Deutschlands als alle Ostdeutschen wissen durften. Von Oelkriese war da keine Rede, sondern nur von: Kohle, Kohle, Kohle!

Mitte der siebziger Jahre wurde es fuer die Landschaft um Elben dramatisch. Im Sommer blieb ploetzlich das Wasser in den Handpumpen weg. Hastig wurden Leitungen verlegt, erstmal ueberirdisch. Das Trinkwasser kam nun aus dem Wasserwerk in Delsch und kostete Geld. Aber in den Gartenpumpen kam nichts mehr an und im Sommer verdorrten die Renetten-Apfelbaeume nebenan und die Eschen und Ulmen am Spiegelteich  und alle Koniferen, Birken und sogar die Holunderbuesche auf dem Friedhof – das war unvorstellbar und gespenstisch.
Kurz darauf begannen sich die gigantischen Bagger mit ihren Foerderanlagen in die Landschaft zu fressen. Sie waren Tag und Nacht in ein kaltes sehr weisses Licht getaucht. Ihr metallisches Kreischen und Knirschen war weit ueber die flache offene wehrlose Landschaft zu hoeren.

Zum Ende meiner Schulzeit stuerzte ich aus dem Trott der letzten zehn Jahre in ein persoenliches Chaos. Mein Vater hatte in seinem Stellwerk der Macht angefangen aus den Tageszeitungen Papierhuete zu falten. Er setze sie sich auf, drehte sie quer auf dem Kopf und sang in einer frei erfundenen franzoesischen Sprache Marschlieder. 
Nach dem er aus der Klinik entlassen wurde sass er in einem Zimmer der Wohnung in Gross Maedenburg und meine Mutter hatte ihre liebe Not ihn von ihren Modezeitschriften und Schnittboegen fern zu halten. Ausser ihrem fortschreitenden Alter war meiner Mutter sonst keine Irritation anzusehen. Sie lebte in ihrer Modewelt mehr als je zuvor. Das sollte noch bis Ende der achtziger Jahre so gehen und egal wann jemand sie fragte, wann ihr Mann denn gestorben sei, sagte sie: na damals, als ich den apricot-farbenen Trenchcoat entwarf und die Chemiebude apricot und apfelsine auf der Farbskala verwechselte. Das war eine einzige Katastrophe und dann musste sie noch auf den Friedhof ...

Eine Katastrophe gab es auch auf dem Friedhof von Elben. Es waren einige der schweren grossen Grabsteine unter die Erde gerutscht, irgendwie, wie geradewegs versunken. Das Amt von Delsch schickte einen Bagger der die Steine wieder herauswuchtete und eine Fuhre Erde vom Spiegelteich zum Stabilisieren herueber schieben sollte. Bei dieser Aktion fanden sie menschlichen Knochen im Spiegelteich und alle im Dorf erstarrten. Also doch. Wusste doch jeder, da war mal was. Da musste doch mal was gewesen sein.

Wie sich dann herausstellte waren die Knochen doch sehr viel aelter als sich manch einer in Elben vorstellen konnte. Die Archaeologen aus Lipzik rueckten an, sperrten den Friedhof samt Moorloch weitraeumig ab und buddelten vorsichtig kleine Felder aus.

In den folgenden Jahren schieden sich die Geister im Dorf. Die einen freuten sich ueber jeden neuen archaeologischen Fund – je aelter desto besser – und die anderen hofften auf eine Ausloese und einen Neustart in Delsch oder Lipzik. Tante Getrude ueberwarf sich mit ihren Kindern, die nur weg wollten aus Elben und sie nun immer mehr allein in dem Haus in der Kirchgasse 4 liessen. Michael war nach dem Armeedienst voellig veraendert, wortkarg aber fahrtuechtig und trinkfest. Mit diesen Faehigkeiten meldete er sich auf die Grossbaustelle Boerlinn und wurde in Elben nie mehr gesehen.
Barbara hatte sich im eisigen Dezember 1978 kurz vor Weihnachten auf dem Weg von Delsch nach Elben, den sie zu Fuss machte, weil die Gleise der Bahn voellig vom Schnee zugeweht waren fuerchterlich das Gesicht erfroren. Es war grosses Glueck, dass sie nicht total erfroren war, denn sie steckte stundenlang in einer Schneewehe fest in der sie niemand vermutet hatte. Nach ihrer Rettung war sie lange krank und ihr Gesicht hat sich nicht von dem Frost erholt. Ausser ihrer roten Nase glaenzten ihre Wangen rot geaedert und jeder im Ort nannte sie fortan Rennette. Barbara konnte diesen Witz nicht verstehen und ging nur selten aus dem Haus. Sie versteckte sich im Dachboden und sortierte ihre wunderbare glitzernde Steinsammlung.

Und die alles umfassende Schizophrenie entfaltete sich weiter in der Landschaft und frass sich noch 10 Jahre durch saemtliche Bereiche des Lebens.




Эпизоды ландшафта – 10

Серия 10
Уголь, уголь, уголь - декабрь 1978 г.

Все 1970-е годы характеризовались всеобъемлющей личной, политической и ландшафтной шизофренией.

Когда началась школа, я была прикован цепью к режиму к школьному времени. Гросс-Мееденбург был подземельем, в котором я мог свободно передвигаться, поэтому это было удобное подземелье. Были также бесконечные летние каникулы, проведенные в сельской местности моего детства.

Это были годы немецко-немецкой стагнации или политики движения, в зависимости от того, с какой точки зрения на это смотреть. Старые немецкие политические деятели выглянули за нами по телевизору и из ежедневных газет. Они выглядели политкорректно и обещали лучшую жизнь на двух разных немецких языках. Но что это должно быть? И где это должно происходить? В любом случае «лучшая жизнь» прошла мимо Эльбена. Ситуация даже резко ухудшилась, когда летом середины 1970-х годов водяные насосы внезапно полностью вышли из строя. Появились буровые бригады и пошли слухи: они ищут нефть, или золото, или уран, или... редкоземельные элементы. Наверное, это была шутка! Потому что, что еще это может быть – редкоземельные элементы?

Тетя Гетруда купила телевизионную приставку и могла незаметно поворачивать приемную антенну на чердаке на восток или запад, как ей заблагорассудится. Равнинный ландшафт и технические навыки моей тети позволили одинаково хорошо работать как западным, так и восточным программам. Точно так же, как мне разрешалось смотреть каждую передачу во время каникул, я должен был обо всем молчать, как будто ничего не видел. И уж тем более ни слова об этом не сказать моим родителям в Гросс-Мееденбурге. Во всяком случае, не в школе, но Барбара и Майкл уже научили меня этому - так что я ничего не знала о нефтяном кризисе, ничего не знала о туфлях на платформе и ничего не знала о... так что в целом ничего о том, что было важно в западной Германии, но о Восточной Германии также было не так уж и много того, что было разрешено знать всем восточным немцам. О нефтяном кризисе речи не шло, только: уголь, уголь, уголь!

В середине семидесятых ситуация в окрестностях Эльбена стала драматичной. Летом внезапно прекратилась вода в ручных насосах. Водопроводные трубы прокладывались в спешном порядке, первоначально над землей. Питьевая вода теперь поступала из водопровода в Делше и стоила денег. Но в садовые насосы ничего не приходило, а летом засыхали и ренеттовые яблони по соседству, и ясени и вязы у зеркального пруда, и все хвойные деревья, березы и даже кусты бузины на кладбище засыхали - это было невообразимо и жутковато.
Вскоре после этого гигантские экскаваторы и конвейерные системы начали разрушать ландшафт. Днем и ночью их купал холодный, очень белый свет. Их металлический визг и скрежет был слышен далеко по плоскому, открытому, беззащитному ландшафту.

В конце школьных я выпала из колеи в личный хаос. Мой отец начал складывать бумажные шляпы из ежедневных газет в своей сигнальной будке государственной власти. Он надел его на голову, перевернул набок и пел походные песни на вымышленном французском языке.
После того, как его выписали из клиники, он сидел в комнате квартиры в Гросс-Мееденбурге, и моей матери приходилось держать его подальше от своих журналов мод. За исключением преклонного возраста, моя мать не выказывала никаких признаков раздражения. Она жила в своем мире моды больше, чем когда-либо прежде. Так продолжалось до конца восьмидесятых, и когда кто-нибудь спрашивал ее, когда умер ее муж, она отвечала: ну, тогда, когда я разработала плащ абрикосового цвета и они перепутали цвет абрикос и с апельсином в магазине химии. Это была полная катастрофа, и тогда ей даже ещё пришлось идти на кладбище...

На Эльбенском кладбище также произошла катастрофа. Некоторые из тяжелых, больших надгробий каким-то образом ускользнули под землю, как если бы они утонули. Местный ответственный офис Дельша прислал экскаватор, чтобы снова сбалансировать камни и вытолкнуть груз земли из зеркального пруда, чтобы стабилизировать его. Во время этой акции в зеркальном пруду нашли эти человеческие кости, и все жители деревни были шокировать. Но, так да не действительно. Все знали, что там что-то есть. Должно быть, там что-то было.

Как оказалось, кости были намного старше, чем могли себе представить многие в Эльбене. Приехали археологи из Липзика, оцепили кладбище, включая болото, и тщательно перекопали на небольшие поля.
В последующие годы мнения в деревне разошлись. Некоторые радовались каждой новой археологической находке – чем старше, тем лучше, – а другие надеялись финансовая компенсация за свои дома и землю и начало новой жизни в Дельше или Липзике. Тётя Гетруда поссорилась со своими детьми, которые просто хотели сбежать из Эльбена и теперь оставили её одну в доме на Кирхгассе, 4. Майкл полностью изменился после службы в армии: он был молчаливым, но умел водить машину и много пить. Обладая этими навыками, он явился на крупную строительную площадку в Бёрлинне, и больше его в Эльбене никто не видел.
В ледяном декабре 1978 года, незадолго до Рождества, Барбара была  по пути из Дельша в Эльбен, который она совершала пешком, потому что железнодорожные пути были полностью засыпаны снегом и она обморозила лицо. Очень повезло, что она не замерзла окончательно, потому что на несколько часов застряла в сугробе, где никто не ожидал. После спасения она долго болела, и ее лицо не оправилось от мороза. Помимо красного носа, на ее щеках блестели красные вены, и с тех пор все называли ее Ренеттой. Барбара не могла понять этой шутки и редко выходила из дома. Она спряталась на чердаке и перебрала свою замечательную коллекцию блестящих камней.

И всеобъемлющая шизофрения продолжала распространяться по всему ландшафту и разъедать все сферы жизни еще 10 лет.